Unklare, unvollständige, ungeeignete und unausgewogene Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag können nicht nur streitschärfend, sondern streitbegründend sein. Die Gestaltung des Gesellschaftsvertrags findet in der ersten Phase der Gründung der Gesellschaft statt. Zu diesem Zeitpunkt liegt der Fokus der Gründer meist auf der operativen Tätigkeit.
Insbesondere die jungen Unternehmer bedenken dabei nicht das Konfliktpotenzial, das ein schlechter Gesellschaftsvertrag in sich birgt. Deswegen verzichten die meisten Neugründer auf die professionelle Beratung bei der Vertragsgestaltung. Stattdessen liegt der Fokus der Vertragsgestaltung des Gesellschaftsvertrags auf dem potenziellen Wachstum und wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Dabei lassen sich die typischen Streitkonstellationen durch einfache vertragliche Regelungen vermeiden. Allgemein gilt der Grundsatz, dass die Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag vollständig, eindeutig, flexibel und klar formuliert sein müssen.
Vollständige Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag
Eine vollständige Bestimmung soll nicht nur den Tatbestand und Voraussetzungen regeln, sondern auch die Rechtsfolgen klar definieren. Fast jeder Gesellschaftsvertrag regelt die Möglichkeit der Ausschließung eines Gesellschafters. Eine vollständige Bestimmung über den Ausschluss des Gesellschafters muss auch die Art und Weise des Ausschlusses (zum Beispiel Einziehung) und der Anteilsverwaltung regeln. Häufig wird eine Regelung zu der Abfindungshöhe aufgrund der Komplexität ausgelassen, dabei wird die Frage über die Abfindungshöhe immer wieder zu einem Streitthema zwischen den verbleibenden Gesellschaftern und dem ausgeschlossenen Gesellschafter.
Eindeutige Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag
Missverständliche Bestimmungen führen dazu, dass die Gesellschafter diese unterschiedlich interpretieren. Eindeutige Bestimmungen können die Interpretationsfähigkeit signifikant reduzieren und einen Konflikt vorbeugen. Dieser Grundsatz gilt insbesondere für alle Verfahrensvorschriften. Sieht ein Gesellschaftsvertrag zum Beispiel die Zustellung der Ladung zur Gesellschafterversammlung durch Einschreiben vor, so muss auch die Art des Einschreibebriefes (zum Beispiel Einwurf-Einschreiben) eindeutig definiert sein. Sieht der Gesellschaftsvertrag die Ladung zur Gesellschafterversammlung durch den Geschäftsführer vor, und hat die Gesellschaft mehrere Geschäftsführer, so soll der Vertrag klar bestimmen, ob die Ladung durch alle Geschäftsführer erfolgen muss oder die Ladung durch einen Geschäftsführer ausreicht. Eine weitere Frage, die oft zum Streitgegenstand wird, ist die Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung. Der Gesellschaftsvertrag muss eindeutig regeln, wann die Beschlussfähigkeit festgestellt wird. Dies kann sowohl zu Beginn der Gesellschafterversammlung einmalig oder vor jedem Beschluss erfolgen.
Flexible Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag
Nicht alle Umstände lassen sich voraussehen, insbesondere durch den Zeitablauf können sich viele Umstände verändern. Nicht selten beinhalten die einzelnen Bestimmungen zahlenmäßig konkrete Beträge. Hier muss bedacht werden, dass durch Zeitablauf, Inflation und Unternehmensentwicklung die Höhe der Beträge sich verändern kann. An der Stelle empfiehlt es sich, vereinfachte Anpassungsmöglichkeiten in dem Gesellschaftsvertrag vorzusehen. Hat die Gesellschaft einen Katalog mit zustimmungsbedürftigen Maßnahmen für die Geschäftsführung, so kann sich dieser im Laufe der Zeit inhaltlich stark verändern. Daher sollte auch hier der Gesellschaftsvertrag eine vereinfachte Möglichkeit zur Abänderung der zustimmungsbedürftigen Maßnahmen beinhalten. Einen weiteren Fall stellt die Regelung über die Ausschließung und Abfindung der Gesellschafter. Die verbleibenden Gesellschafter sollten ein Wahlrecht zwischen Zwangseinziehung und ein Zwangsabtretung gegen Zahlung einer Abfindung erhalten.
Klare Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag
Der Inhalt der Bestimmungen muss klar definiert sein. Insbesondere sind die Zuständigkeiten im Gesellschaftsvertrag klar zu definieren. Zum Beispiel sollte der Gesellschaftsvertrag eine Regelung zur Zuständigkeit für die Leitung und Protokollierung der Gesellschafterversammlung beinhalten.
Bestimmungen zur Geschäftsführung – GbR, OHG und KG
Eine typische Frage, die sich im Zusammenhang mit der Geschäftsführung stellt, ist, welcher der Gesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis hat.
Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder Offener Handelsgesellschaft (OHG) nehmen alle Gesellschafter an der Geschäftsführung teil. Der Ausschluss der einzelnen Gesellschafter von der Geschäftsführung kommt nur bei Sonderkonstellationen wie Familiengesellschaften infrage. Bei einer Familiengesellschaft können die Erben oder Kinder von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden.
Formulierungsvorschlag
„Die Gesellschafter A und B sind jeweils einzeln zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet, der Gesellschafter C ist von der Geschäftsführung ausgeschlossen.“
Der Gesellschaftsvertrag einer GbR oder OHG sollte es beim Vorliegen eines wichtigen Grundes ermöglichen, einem der geschäftsführenden Gesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis durch Gesellschafterbeschluss zu entziehen.
Formulierungsvorschlag
„Die Geschäftsführungsbefugnis kann jeden geschäftsführenden Gesellschafter aus wichtigem Grund durch Beschluss der Gesellschafterversammlung entzogen werden.“
Sind bei einer GbR die geschäftsführenden Gesellschafter einzelgeschäftsführungsbefugt, kann es sinnvoll sein, das gesetzliche Widerspruchsrecht der anderen geschäftsführenden Gesellschafter auszuschließen. Stattdessen kann im Gesellschaftsvertrag ein Katalog mit zustimmungspflichtigen Geschäften festgelegt werden.
Formulierungsvorschlag
„Die geschäftsführenden Gesellschafter bedürfen für folgende Maßnahmen und Geschäfte der vorherigen Zustimmung durch Gesellschafterbeschluss:
- Festlegung oder Änderung der Geschäftspolitik der Gesellschaft, insbesondere durch Feststellung oder Änderung des Produkt- oder Leistungsprogramms […]
- […]“
Bei einer Kommanditgesellschaft (KG) wird die Geschäftsführung in der Regel durch einen einzigen Komplementär wahrgenommen, sodass die typischen Kompetenzstreitigkeiten hier keine Relevanz haben. Dagegen sollte der Gesellschaftsvertrag die Möglichkeit der Entziehung von Geschäftsführungsbefugnis bei Vorliegen eines wichtigen Grundes durch Gesellschafterbeschluss zulassen. Besondere Relevanz bei KG haben die Mitwirkungsrechte der Kommanditisten bei Maßnahmen der Geschäftsführung. Das Gesetz sieht ein gesetzliches Widerspruchsrecht der Kommanditisten für „außergewöhnliche“ Geschäftsführungsmaßnahmen vor, dass heißt für alle Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgehen. Der unbestimmte Begriff des gewöhnlichen und außergewöhnlichen Betriebs bietet viel Raum für potenzielle Konflikte. Daher empfiehlt es sich das Widerspruchsrecht der Kommanditisten zu streichen und stattdessen einen Katalog mit besonders wichtigen Geschäftsführungsmaßnahmen im Gesellschaftsvertrag festzulegen. Zu den zustimmungsbedürftigen Geschäften zählen insbesondere Entscheidungen über:
- Geschäftspolitik
- besonders teure Investitionen
- ungewöhnliche Geschäftsvorfälle (wenn nicht von dem Jahresbudget erfasst)
- langfristige Miet- und Pachtverträge
- Einleitung von bestimmten Rechtsstreitigkeiten
- Rechtsgeschäfte zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschafter
Bestimmungen zur Geschäftsführung – GmbH
Die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer bei einer GmbH erfolgt grundsätzlich durch Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter. Besteht die Gesellschaft nur aus zwei Gesellschaftern mit gleichen Geschäftsanteilen, kann es bei der Entscheidungsfindung zu Pattsituationen kommen. Auch bei Gesellschaften mit zwei gleich starken Gesellschaftergruppen kann es zu einer Pattsituation kommen. Die Pattsituationen lassen sich dadurch vermeiden, dass jedem Gesellschafterstamm ein Entsende- oder zumindest Repräsentationsrecht für je einen Geschäftsführer eingeräumt wird. Wichtig ist, zu regeln, ob den Geschäftsführern Einzel- oder Gesamtvertretungsbefugnis zusteht. Der Katalog mit den zustimmungspflichtigen Geschäften kann entweder in dem Gesellschaftsvertrag oder in der gesonderten Geschäftsführerordnung geregelt sein.
Eine weitere Alternative zur Lösung der Pattsituation bei der Auswahl, Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung ist die Auslagerung der Entscheidung auf einen Beirat oder einen fakultativen Aufsichtsrat. Hierbei kann jedoch nicht jede Entscheidung der Gesellschafterversammlung auf den Beirat oder den fakultativen Aufsichtsrat ausgelagert werden. Die zwingend zugewiesenen Aufgaben (zum Beispiel Satzungsänderung) müssen in der Entscheidungskompetenz der Gesellschafterversammlung verbleiben. Ist das Verhältnis in der Gesellschaft paritätisch (50/50), kann es sinnvoll sein drei Personen in den Beirat oder Aufsichtsrat zu bestellen, wobei jeder Gesellschafterstamm ein Ratsmitglied bestellt und beide Ratsmitglieder sich auf das dritte Ratsmitglied einigen.
Bestimmungen zum Zustandekommen der Gesellschafterbeschlüsse
Häufig entstehen Konfliktsituationen im Zusammenhang mit dem Zustandekommen von den Gesellschafterbeschlüssen. In Personengesellschaften werden die Gesellschafterbeschlüsse einstimmig gefasst, was gegebenenfalls zur Blockierung der laufenden Geschäftsführung durch einzelne Gesellschafter führen kann. Diese ungünstige Situation lässt sich dadurch vermeiden, dass in dem Gesellschaftsvertrag die Entscheidung durch Mehrheitsbeschlüsse zugelassen wird. In der Praxis werden die Mehrheitsentscheidung häufig für zustimmungsbedürftige Geschäftsführungsmaßnahmen zugelassen.
Formulierungsvorschlag
Die Beschlüsse der Gesellschafter werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht durch Gesetz oder Gesellschaftsvertrag etwas anderes vorgeschrieben ist.
Bei bestimmten Beschlussgegenständen gilt bei der Interessenkollision für die betroffenen Gesellschafter ein Stimmrechtsausschluss. Die wichtigsten Tatbestände sind:
- Entlastung als Geschäftsführer
- Befreiung von einer Verbindlichkeit
- Vornahme eines Rechtsgeschäfts gegenüber dem Gesellschafter
- Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber dem Gesellschafter
Der Tatbestand, wann ein Stimmrechtsausschluss greift, ist nicht abschließend geregelt und kann sich im Einzelfall aus dem Richterrecht ergeben. Eine Einschränkung des gesetzlichen Stimmverbots ist nicht zulässig. Es kann jedoch sinnvoll sein, ergänzende Bestimmungen zu dem Stimmrechtsausschluss in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen, da eine Erweiterung oder Klarstellung des Stimmrechtsausschlusses zulässig ist. Bei einem Stimmrechtsverbot ist zwischen der sachlichen und persönlichen Reichweite zu unterscheiden. Besonders relevant sind Klarstellungen bezüglich Stimmverbotsfälle, die bereits aufgrund der unklaren gesetzlichen Bestimmungen streitig sind.
Als Beispiele für die sachliche Reichweite können folgende Fälle genannt werden:
- Stimmverbot eines geschäftsführenden Gesellschafters bei der Entscheidung über den Abschluss und den Inhalt seines Anstellungsvertrags
- Bei Zwangsmaßnahmen gegen den betroffenen Gesellschafter aufgrund der Verletzung eines vertraglichen Wettbewerbsverbots
Bei der persönlichen Reichweite wird festgelegt, ob das Stimmrechtsverbot sich auch auf Bevollmächtigte, Treuhänder, Verwandte, Ehegatten des Gesellschafters oder sämtliche Mitglieder einer Erbengemeinschaft bezieht. Wird vertraglich nichts vereinbart, so bezieht sich das Stimmverbot nach der weitgehend vertretenen Ansicht nur auf Personen, die dem
Mehrheitsbeschlüsse
Bei der Frage der Stimmenmehrheiten treffen sich zwei widerstreitende Positionen der Minderheits- und Mehrheitsgesellschafter. Während der Minderheitsgesellschafter sich ein Vetorecht und Sperrminoritäten wünscht, möchte der Mehrheitsgesellschafter ohne Sperrminorität seinen Willen durchsetzen. Damit ein Beschluss bei der GmbH wirksam zustande kommt, bedarf es der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei Satzungsänderung sowie Gesellschaftsauflösung ist ein Beschlussquorum in Höhe von ¾ der abgegebenen Stimmen (qualifizierte Mehrheit) notwendig. Auch hier wirken klare Regelungen streitvorbeugend. Es kann sinnvoll sein im Gesellschaftsvertrag die Beschlüsse zu definieren, für die die qualifizierte Mehrheit vorausgesetzt wird. In der Praxis wird diese qualifizierte Mehrheit auf die in der Versammlung anwesenden Stimmen beschränkt. Ausnahmsweise kann es jedoch sinnvoll sein auf die gesamte Zahl der Stimmen abzustellen. Ist zu befürchten, dass die erforderliche Stimmenzahl nicht in jeder Gesellschafterversammlung zu erreichen ist, so kann es sinnvoll sein eine Regelung zu der Folgeversammlung zu treffen.
Bei den Personengesellschaften (GbR, PartG, OHG, KG und Gmbh & Co.KG) werden Gesellschafterbeschlüsse in der Regel mit Zustimmung aller Gesellschafter (einstimmig) gefasst. Dies gilt, solange der Gesellschaftsvertrag keine abweichende Regelung vorsieht. Das Gesetz lässt vertragliche Bestimmungen zu Mehrheitsbeschlüssen bei den Personengesellschaften ausdrücklich zu. Bei der Gestaltung der Mehrheitsbeschlüsse bei Personengesellschaften ist zwingend die ausdifferenzierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Auslegung der Klauseln zu beachten. Bei allgemein gehaltenen Mehrheitsklauseln besteht ein hohes Konfliktpotenzial für Auslegungsstreitigkeiten. Der Gesellschaftsvertrag sollte zum Schutz der Minderheitsgesellschafter für Beschlüsse über entscheidende und stukturändernde Maßnahmen eine qualifizierte Mehrheit von mindestens 75 Prozent der abgegebenen Stimmen vorsehen.
Bestimmungen zum Verfahren der Beschlussfassung
Für Personengesellschaften sieht das Gesetz keine Vorgaben über die Art und Weise, wie Gesellschafterbeschlüsse zustande kommen sollen, vor. Für die GmbH erhält das Gesetz nur ganz wenige Vorgaben. Ausführlichere Informationen dazu können Sie in dem Beitrag Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung erhalten.
Mangels eindeutiger und vollständiger gesetzlicher Regelung kommt es bei der Frage des Zustandekommens von Gesellschafterbeschlüssen immer wieder zu Streitigkeiten. Um diese zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Abläufe genau vertraglich zu definieren. Besonders wichtig sind klare Bestimmungen zum formalen Ablauf (Ladung und Durchführung) der Gesellschafterversammlung.
Die Klausel zur Einberufung der Gesellschafterversammlung sollte klar die Zuständigkeit für die Einberufung, Ladungsfrist und Versendungsart des Ladungsschreibens beinhalten.
Formulierungsvorschlag
„Die Einberufung der Gesellschafterversammlung erfolgt durch den Geschäftsführer.
[…]
Die Einberufung der Gesellschafterversammlung erfolgt schriftlich, mit einer Frist von mindestens 14 Tagen, an die der Gesellschaft zuletzt mitgeteilte Adresse jedes Gesellschafters.
[…]“
Die Einberufung durch die Gesellschafter soll erst ab einer bestimmten Beteiligungsquote zulässig sein.
Formulierungsvorschlag
„Außerordentliche Gesellschafterversammlungen sind ferner innerhalb von zwei Wochen einzuberufen, wenn Gesellschafter, deren Geschäftsanteile zusammen mindestens 10 Prozent des Stammkapitals entsprechen, dies unter Angabe des Zwecks und der Gründe der Einberufung verlangen. Sofern einem berechtigten Einberufungsinteresse nicht fristgerecht entsprochen wird, sind die die Einberufung verlangenden Gesellschafter berechtigt, die Ladung selbst vorzunehmen.“
Der Gesellschaftsvertrag sollte auch die Zulassung von Stimmrechtsvertretern oder Beratern regeln.
Schließlich sollte der Gesellschaftsvertrag auch Regelungen zu Beschlussmängelstreitigkeiten enthalten. So kann es sinnvoll sein eine Feststellungsklage gegen die Personengesellschaft selbst vertraglich zuzulassen, da ansonsten die Klage nur gegen alle bestreitenden Mitgesellschafter und nicht gegen die Gesellschaft selbst zulässig wäre.
Die Einführung einer Anfechtungsfrist bei der Personengesellschaft wird in der Praxis nur in seltenen Fällen sinnvoll sein. Der Zwang zur zeitnahen Klageerhebung wirkt in der Regel eher kontraproduktiv. Bei der GmbH empfiehlt sich die Verlängerung der gesetzlichen Frist (circa ein Monat) auf zwei bis drei Monate. Die Erfahrung zeigt, dass in dieser Zeit meist eine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann. Scheitert die Konfliktbeilegung, haben die Gesellschafter weiterhin die Möglichkeit den Streit gerichtlich zu klären. Bei der Monatsfrist dagegen sehen sich die meisten Gesellschafter gezwungen kurzfristig die Klage zu erheben und verzichten von Anfang an auf den Versuch einer gütlichen Einigung.
Informationsrechte der Gesellschafter
Der Streit über die Informationsrechte der Gesellschafter finden primär zwischen den geschäftsführenden Gesellschaftern einerseits und den nicht an der laufenden Geschäftsführung beteiligten Gesellschaftern andererseits statt. Die geschäftsführenden Gesellschafter verfügen ihrerseits aufgrund ihrer Organstellung über ausreichende Informationen. Wogegen die anderen Gesellschafter nur einen eingeschränkten Zugang zu der Information haben. Bei Personengesellschaften sind es in der Regel die Kommanditisten, die ihr Informationsrecht geltend machen wollen. Nach dem Leitbild des Gesetzes sind die Kommanditisten von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Um diese Informationsgefälle auszugleichen, sieht das Gesetz sowohl für die Kommanditisten als auch für die Gesellschafter – die nicht an der Geschäftsführung beteiligt sind – weitgehende Informationsrechte vor. Diese können auch vertraglich nicht eingeschränkt werden, weil das Informationsrecht nicht disponibel ist.
Konkretisierung der formalen Voraussetzungen zur Ausübung der Informationsrechte kann effektiv streitvorbeugend wirken. Außer formalen Voraussetzungen sollen diese Bestimmung klarstellen, ob es dem Gesellschafter gestattet ist einen Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer bei der Ausübung seines Informationsrechtes hinzuzuziehen. Die Bestimmung sollte auch die Möglichkeit der Ablehnung des Auskunftsverlangens regeln. Zum Beispiel kann das Auskunftsverlangen abgelehnt werden, wenn der Gesellschafter für die Konkurrenz tätig ist.
Formulierungsvorschlag
„Außerhalb der Gesellschafterversammlung können die Gesellschafter, die zu mindestens mit 10 Prozent an dem Stammkapital beteiligt sind, ihre Rechte auch durch geeignete Personen der rechts- oder steuerberatenden oder wirtschaftsprüfenden Berufe, die gesetzlich zur Berufsverschwiegenheit verpflichtet sind, vertreten lassen. Im Übrigen können Gesellschafter die Rechte nur selbst ausüben oder durch Mitgesellschafter, gesetzliche Vertreter oder einen Testamentsvollstrecker ausüben lassen.
[…]
Soweit durch die Ausübung der Informations- und Kontrollrechte die konkrete Gefahr besteht, dass wettbewerbsrelevante Daten mittelbar oder unmittelbar einem Wettbewerber bekannt werden, kann die Gesellschaft verlangen, dass die Einsichtnahme durch einen zur berufsmäßigen Verschwiegenheit verpflichteten Dritten erfolgt, der Informationen nur in anonymisierter Fassung bzw. in sonst wettbewerbsneutraler Form an den einsichtsuchenden Gesellschafter weitergibt.“
Ausscheiden eines Gesellschafters – Anteilsveräußerung oder Kündigung
Der Gesellschaftsvertrag sollte für jeden Gesellschafter die Möglichkeit vorsehen, auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes das Gesellschaftsverhältnis kündigen zu können. Grundsätzlich kann der Ausstieg durch zwei Varianten erfolgen. Die erste Variante und meistens die günstigste Variante für den aussteigenden Gesellschafter ist die Anteilsveräußerung. Bei einer GmbH sind die Geschäftsanteile grundsätzlich immer frei veräußerbar, bei der Personengesellschaft sind die Anteile dagegen nur dann veräußerbar, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht. Der Gesellschaftsvertrag kann allerdings die Veräußerung der Geschäftsanteile an bestimmte Bedingungen (zum Beispiel Genehmigung der Gesellschaft) knüpfen. In diesem Zusammenhang kann es sinnvoll sein die Veräußerung zustimmungsfrei zuzulassen, aber den übrigen Gesellschaftern ein Vorkaufsrecht einzuräumen.
Formulierungsvorschlag
„Für den Fall des Verkaufs eines Geschäftsanteils oder eines Teils eines Geschäftsanteils durch einen Gesellschafter sind die übrigen Gesellschafter zum Vorkauf berechtigt.“
Es kann auch sinnvoll sein die Übertragung an andere Mitgesellschafter zustimmungsfrei und ohne Vorkaufsrecht der übrigen Gesellschafter zuzulassen.
Eine weitere Aufstiegsmöglichkeit ist die Kündigung. Das Gesetz sieht bei Personengesellschaften das Recht, durch ordentliche Kündigung aus der Gesellschaft auszuscheiden, vor. Die Einschränkung dieses Rechts ist unzulässig. Hier kann es sinnvoll sein die Einzelheiten der ordentlichen Kündigung, zum Beispiel die Kündigungsfrist, vertraglich festzulegen, wobei bei der OHG und KG bereits entsprechende Bestimmungen gesetzlich geregelt sind. Das Recht der GmbH sieht dagegen keine Möglichkeit, durch eine ordentliche Kündigung aus der Gesellschaft auszuscheiden. Deswegen kann es sinnvoll sein, die Möglichkeit aufgrund der ordentlichen Kündigung aus der Gesellschaft auszuscheiden in dem Gesellschaftsvertrag der GmbH zu regeln.
Formulierungsvorschlag
„Die Mitgliedschaft in der Gesellschaft kann mit zweijähriger Frist, erstmals zum 31.12. …, sodann zum Schluss eines jeden Geschäftsjahres gekündigt werden.“
Die Bestimmung sollte auch regeln, ob der Geschäftsanteil des Kündigenden durch Einziehung oder Zwangsabtretung verwertet wird und welche Abfindung der Kündigende bekommen sollte. Wobei bei der Frage der Abfindung auf die allgemeine Abfindungsregelung für den Ausschluss aus der Gesellschaft verwiesen werden kann. Nur in wenigen Ausnahmefällen ist der Ausschluss der Abfindung zulässig.
Wie hoch eine angemessene Abfindung ist, lässt sich nicht pauschal definieren. Von Bedeutung sind dabei ganz viele Faktoren:
- Art des Gesellschaftsvermögens
- Dauer der Gesellschaft
- Anteilsverteilung
- Gründe für das Ausscheiden des Gesellschafters
In der Regel gilt die Buchwertklausel als untere Grenze der Abfindung. Haben sich die oben aufgelisteten Faktoren mit der Entwicklung der Gesellschaft verändert, wird die Klausel im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung korrigiert. Daher ist es an der Stelle sinnvoll die Abfindungsklausel möglichst flexibel zu gestalten. Die Abfindungsklausel sollte auch den Ertragswert der Gesellschaft berücksichtigen. Der Ertragswert kann über eine pauschalierte Berechnungsmethode ermittelt werden. Die gemittelte Jahresüberschussrechnung der letzten fünf Geschäftsjahre wird mit einem Faktor von 4 bis 6 multipliziert.
Formulierungsvorschlag
„Grundlage der Wertermittlung bildet der Unternehmenswert der Gesellschaft zum Zeitpunkt des Ausscheidens, der wie folgt ermittelt wird: Der Bewertung ist der letzte vor dem Ausscheidensstichtag liegende oder mit diesem zusammenfallende, ordnungsgemäß festgestellte Jahresabschluss zugrunde zu legen. Das dort ausgewiesene Eigenkapital der Gesellschaft bildet deren „Vermögenswert“. Zwischen Bilanzstichtag und Ausscheidensstichtag noch entstandener Gewinn oder Verlust ist nicht zu berücksichtigen. Maßgeblich bleibt der festgestellte Jahresabschluss auch dann, wenn er später anlässlich einer Betriebsprüfung geändert wird.
Darüber hinaus ist der Ertrag des Unternehmens der Gesellschaft aus dem Durchschnittsergebnis der drei letzten festgestellten Jahresabschlüsse zu ermitteln. Auszugehen ist dabei von dem Durchschnittsgewinn(-verlust) laut Steuerbilanz, der unverändert zu übernehmen und zur Ermittlung des Ertragswerts mit dem Faktor [5] zu vervielfachen ist.
Das arithmetische Mittel zwischen dem so errechneten Ertragswert und dem Vermögenswert gilt als Unternehmenswert.“
Ausschluss aus der Gesellschaft aus wichtigem Grund
Die Möglichkeit, aus wichtigem Grund einen Gesellschafter aus der Gesellschaft auszuschließen, ist bereits gesetzlich geregelt. Bei einer GbR kann der Ausschluss durch den Gesellschafterbeschluss erfolgen, wogegen bei der PartG, OHG und KG zunächst die Ausschlussklage erforderlich ist. Es kann sinnvoll sein bei der PartG, OHG und KG vertraglich zu regeln, dass der Ausschluss aus wichtigem Grund auch durch einen Gesellschafterbeschluss der verbleibenden Gesellschafter erfolgen kann. Wichtig ist, dass der Gesellschaftsvertrag klare, vollständige und faire Regelungen zu Folgefragen hat. Insbesondere sollte geregelt werden:
- Art der Anteilsverwertung
- Berechnung der Abfindungshöhe
- Auszahlungsmodalitäten der Abfindung
Auch bei der GmbH sollte die Möglichkeit des Ausschlusses durch den Gesellschafterbeschluss und die Folgefragen geregelt sein.
Formulierungsbeispiel
„Mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters oder in den nachfolgenden Fällen auch ohne solche Zustimmung kann die Einziehung von Geschäftsanteilen eines Gesellschafters beschlossen werden:
- […]
- […]
Anstelle der Einziehung kann die Gesellschafterversammlung auch beschließen, dass der betroffene Gesellschafter seinen Geschäftsanteil an die Gesellschaft, einen Mitgesellschafter oder einen Dritten abzutreten hat.
Die Beschlussfassung über Zwangseinziehung oder die Zwangsabtretung bedarf einer Mehrheit von ⅘ der abgegebenen Stimmen. Der betroffene Gesellschafter hat hierbei kein Stimmrecht.“
Weitere Möglichkeiten der Pattauflösung – Stichentscheidung und Stimmbindungsvereinbarung
Wie bereits oben erwähnt, kommt es bei paritätisch besetzten Gesellschaften besonders häufig zu Pattsituationen. Außer der bereits erwähnten Möglichkeit, die Pattsituation durch Entsenderecht oder durch Hinzuziehung des Beirats zu lösen, besteht eine weitere Möglichkeit, die Pattsituation durch Stichentscheidungsrecht zu lösen. Die Ausgestaltung des Stichentscheidungsrechts ist vielseitig möglich. Zum Beispiel kann einem der Gesellschafter im zweiten Wahlgang ein stärkeres Stimmgewicht erteilt werden oder der Kreis der bestimmungsberechtigten Gesellschafter wird im zweiten Wahlgang eingeschränkt. Auch das Letztentscheidungsrecht ist eine mögliche Lösung. Das Letztentscheidungsrecht kann nach Ablauf der Zeit oder Ausübung auf andere Gesellschafter übergehen.
Die Überwindung der Pattsituation kann auch im Wege der Mediation oder durch ein Schiedsgericht gefunden werden. Schließlich ist auch die Auflösung durch einen Stimmbindungsvertrag möglich. Hierbei wird eine Konfliktsituation (zum Beispiel Unternehmensübergabe an mehrere Kinder) durch Stimmbindungsvereinbarung vermieden. Die Zulässigkeit der Stimmbindungsvereinbarung wurde bereits durch den Bundesgerichtshof anerkannt. Zu beachten ist, dass die vertragliche Stimmbindungsvereinbarung grundsätzlich keine Relevanz für das Beschlussergebnis hat und begründet keinen Beschlussmangel.