Grundsätzlich ist es die Sache des Arbeitgebers, zu bestimmen, wie er sein Unternehmen führt. Aber wie bei jedem Grundsatz bestehen auch hier einige wichtige Ausnahmen. Grund dafür ist, dass ein jeder Arbeitnehmer in der Willkür seines Arbeitgebers stehen würde, wenn dieser kurzerhand bestimmen könnte, einen ganzen Betriebszweig – beispielsweise aus reinen Profitabilitätsgründen – zu schließen.
Für derartige Fälle sieht das Gesetz den allgemeinen Kündigungsschutz für Arbeitnehmer vor, der eine soziale Rechtfertigung fordert. Dieser lässt eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen unter anderem nur dann zu, wenn inner- oder außerbetriebliche Gründe vorliegen, die eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unmöglich machen. Weiterhin ist zwingend eine Sozialauswahl durchzuführen. Hat der Arbeitgeber die genannten Punkte beachtet, kann er grundsätzlich das Arbeitsverhältnis beenden und kündigen. Eine Abgrenzung der betriebsbedingten Kündigung erfolgt zu der personenbedingten Kündigung und der verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber. Im Unterschied hierzu stammen die Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung regelmäßig nicht aus der Sphäre des Arbeitnehmers.
Tipp
Sollten die Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung nicht erfüllt sein, kommt eine Kündigungsschutzklage in Betracht. (Hier können Sie unseren Beitrag zur Kündigungsschutzklage lesen.)
Neben den allgemeinen Voraussetzungen einer Kündigung hat die betriebsbedingte Kündigung die folgenden Voraussetzungen zu erfüllen, damit sie wirksam sein kann:
Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse: Unternehmerentscheidung
Grundsätzlich gehen jeder unternehmerischen Entscheidung außer- oder innerbetriebliche Ursachen voraus. Zu den innerbetrieblichen Ursachen gehören beispielsweise die Schließung von Betriebsabteilungen oder Betriebsstillegungen, die Einführung neuer Fertigungsmethoden oder aber die Vergabe einer Tätigkeit an eine Fremdfirma. Zu den außerbetrieblichen Ursachen zählen der Umsatzrückgang oder Auftragsmangel. Um auf diese Einflüsse von innen oder außen angemessen zu reagieren, trifft der Arbeitgeber dann regelmäßig eine Unternehmerentscheidung. Diese gestalterische Entscheidung führt dann häufig zu einer- oder einer Vielzahl von Kündigungen.
Fehlen milderer Mittel: Ultima-Ratio-Prinzip
Die Kündigung darf – in einem weiteren Schritt – nicht unvermeidbar gewesen sein. Der Arbeitgeber sollte also mildere Mittel in Erwägung gezogen haben. Als mildere Mittel kommen in Betracht:
- Die Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz,
- der Abbau von Überstunden,
- die Anordnung von Kurzarbeit oder
- die Arbeitsstreckung.
Der häufigste Fall, an dem die ordentliche Kündigung aus betriebsbedingten Gründen scheitert, ist der der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers auf einem anderen Arbeitsplatz in dem Betrieb. Dabei hat der Arbeitgeber gegebenenfalls zumutbare Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen durchzuführen, um den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Anbieten muss der Arbeitgeber nur die vom Weisungsrecht umfassten freien und geeigneten Arbeitsplätze im Betrieb. Für eine Vergleichbarkeit müssen diese grundsätzlich auch nicht auf der gleichen Hierarchieebene liegen.
Leistet der zu kündigende Arbeitnehmer oder ein anderer Arbeitnehmer im Betrieb zu dem Zeitpunkt der Kündigung Überstunden oder beschäftigt der Arbeitgeber betriebsfremde Leiharbeiter, kann dies Ausdruck von Personalbedarf sein, welcher gegebenenfalls die Kündigung unwirksam machen kann.
Tipp
Häufig hat der Arbeitgeber fehlerhaft mildere Mittel unbeachtet gelassen wie die Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz oder den Abbau von Überstunden.
Dringlichkeit des betrieblichen Erfordernisses
Die Dringlichkeitsprüfung überschneidet sich häufig mit dem Ultima-Ratio-Prinzip. Die Dringlichkeit der Kündigung liegt regelmäßig dann vor, wenn das Kündigungsinteresse des Arbeitgebers von Dauer ist.
Sozialauswahl – betriebsbedingte Kündigung
Die Kündigung durch den Arbeitgeber muss stets sozial gerechtfertigt sein. Die Sozialauswahl ist in besonderem Maße Ausdruck des Arbeitnehmerschutzes. Sie soll die Arbeitnehmer schützen, die beispielsweise lange Zeit in dem Betrieb arbeiten oder familiäre Verpflichtungen haben, gegenüber denjenigen, die erst kurze Zeit in dem Betrieb arbeiten. Ziel ist es somit, soziale Gerechtigkeit unter den Arbeitnehmern selbst herbeizuführen und es dem Arbeitgeber zu erschweren sozial schutzwürdigere Arbeitnehmer zu entlassen.
Tipp
Die Durchführung der Sozialauswahl ist in vielen Fällen fehlerhaft verlaufen. Der Arbeitgeber hat häufig soziale Kriterien falsch- oder gar nicht gewichtet. Lassen Sie die betriebsbedingte Kündigung daher umgehend durch einen Rechtsbeistand prüfen.
Durchführung der Sozialauswahl
In einem ersten Schritt hat der Arbeitgeber die vergleichbaren Arbeitnehmer des betroffenen Personenkreises zu fixieren. Regelmäßig erfolgt dies anhand ihres Arbeitsvertrages und ihrer Hierarchiestufe in dem jeweiligen Betrieb. Zu berücksichtigen sind auch Fähigkeiten und Kenntnisse der einzelnen Arbeitnehmer. Für eine Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer spricht eine kurze Einarbeitungszeit des Arbeitnehmers ohne Qualitätsverlust auf einer anderen Stelle. Dabei muss der Arbeitgeber auch tatsächlich zu einem Austausch durch sein Direktionsrecht berechtigt sein. Ein Vergleich zwischen leitenden Angestellten und Angestellten auf einer unteren Personalebene wäre daher nicht möglich.
In einem zweiten Schritt sind dann die vier sozialen Kernkriterien zu berücksichtigen und richtig zu gewichten. Hierzu zählen: Das Lebensalter, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, die Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers oder seine Schwerbehinderung. Die Praxis greift hierbei häufig zu einem Punktesystem, welches die Gewichtung der Kriterien erkennen lassen sollen.
Ein Beispiel hierzu:
- Für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit ist ein Punkt zu vergeben.
- Ein weitere Punkt ist für jedes Lebensjahr des Arbeitnehmers zu vergeben.
- Der Arbeitnehmer erhält für jedes Kind oder/und für seinen Ehepartner fünf Punkte.
- Für eine Schwerbehinderung erhält er zehn Punkte.
Im Anschluss findet dann eine Addition der Punkte statt. Arbeitnehmer mit einer hohen Punktezahl sind gegenüber denjenigen mit einer geringen Punktzahl als sozial stärker einzustufen. Eine Kündigung erhalten dann überwiegend sozial schwache Arbeitnehmer mit einer geringen Punktezahl.
In einem dritten Schritt hat der Arbeitgeber dann die Möglichkeit, bestimmte Arbeitnehmer von der Sozialauswahl auszunehmen. Dies sind beispielsweise Arbeitnehmer mit besonderen Fähigkeiten oder Kenntnissen; oder diejenigen, die zur Aufrechterhaltung einer ausgewogenen Personalstruktur erforderlich sind. Der Arbeitgeber sollte aber stets die betrieblichen Interessen gegen die soziale Schutzbedürftigkeit der Arbeitnehmer abwägen.
In einem letzten Schritt darf der Arbeitgeber nicht gegen die Auswahlrichtlinie verstoßen haben, gegen die der Betriebsrat form- und fristgerecht widersprochen hat.
Betriebsbedingte Gründe bei Betriebsänderung
Zu beachten ist weiterhin, dass bei einer Betriebsänderung dem Arbeitgeber Erleichterungen zukommen können, wenn dieser im Rahmen eines Interessenausgleichs mit Namensliste kündigt.