Wann kann man beim Kauf eines Neuwagens vom Vertrag zurücktreten? Hierzu ist zunächst wichtig zu wissen, dass es ein generelles Rücktrittsrecht nicht gibt. Das deutsche Rechtssystem geht nämlich von dem Grundsatz aus, dass Verträge einzuhalten sind.
Das ist ein wichtiger Grundsatz in unserem Rechtssystem, denn beide Vertragsparteien sollen sich auf das Bestehen ihres Kaufvertrags verlassen können. Zwar gibt es bei Kaufverträgen die weit verbreitete Vorstellung, der Käufer habe immer ein Rücktrittsrecht – das ist allerdings falsch. Per Gesetz muss ein Verkäufer die verkaufte Sache jedoch nicht zurücknehmen, wenn der Käufer es sich kurzerhand anders überlegt.
Der Glaube an ein generelles Rücktrittsrecht entsteht bei vielen, da es bei Internetkäufen ein zweiwöchiges Widerrufsrecht gibt und zudem viele Geschäfte und Warenhäuser ihren Kunden aus Kulanz ein Rückgaberecht anbieten.
Voraussetzungen für einen Rücktritt vom Vertrag
Einige gesetzliche Voraussetzungen müssen also erfüllt sein, wenn Sie von einem Kaufvertrag zurücktreten wollen – ob Autokauf oder anderer Kaufvertrag. Das gesetzliche Rücktrittsrecht setzt als Erstes eine „nicht vertragsgemäße Leistung“ voraus. Jede Vertragspartei verpflichtet sich durch einen Kaufvertrag zu einer bestimmten Leistung. Beim Verkäufer ist das die Lieferung und Übereignung der Kaufsache, beim Käufer die Zahlung des Kaufpreises und die Abnahme der Sache.
Ein Vertragsrücktritt kommt also für den Verkäufer z. B. infrage, wenn einerseits der Käufer nicht oder nur teilweise zahlt. Andererseits kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten, wenn die Kaufsache nicht oder mangelhaft übergeben wird.
Praxishinweis
Mangelhaft bedeutet, dass der Gegenstand nicht die Beschaffenheit hat, die vereinbart wurde. Dazu zählen bei einem Auto z. B. Schäden oder fehlende Funktionen.
Kein Rücktritt ohne Frist zur Nacherfüllung
Bevor Sie als Käufer allerdings von einem Kaufvertrag zurücktreten können, müssen Sie dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels setzen. Was als angemessen gilt, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Reagiert der Verkäufer nicht innerhalb der gesetzten Frist und kann den Mangel auch in einem zweiten Versuch nicht beheben, können Sie vom Vertrag zurücktreten.
Praxishinweis
Verweigert der Verkäufer die Nacherfüllung schon vorher endgültig oder ist Ihnen das Warten auf die Nacherfüllung nicht zuzumuten, können Sie ohne Fristsetzung vom Kaufvertrag zurücktreten.
Aber wie verweigert der Verkäufer die Nacherfüllung endgültig? Und wann ist die Nacherfüllung für Sie als Käufer unzumutbar? Diese Fragen sollten Sie mit einem Rechtsanwalt klären, bevor Sie übereilt handeln.
Praxishinweis
Als Verkäufer ist der Fall einfacher: Sie können vom Vertrag zurücktreten, wenn der Käufer nach Fälligkeit und Fristsetzung nicht bezahlt hat.
Sonderfall: Neuwagen-Kauf mit unverbindlicher Lieferfrist
Sie haben einen Neuwagen gekauft und vertraglich eine Lieferfrist bzw. einen Liefertermin vereinbart. Die Frist verstreicht, Ihren PKW haben Sie nicht bekommen. Das ist problematisch, wenn Sie auf Ihr neues Auto und die dadurch bedingte Mobilität angewiesen sind. Im Dunkeln zu tappen und länger zu warten, ist für Sie gefühlt unzumutbar – Sie wollen vom Kaufvertrag zurücktreten!
Aber geht das so einfach, um z. B. schnell ein anderes Auto kaufen zu können?
Der erste Stolperstein in dieser Konstellation ist die Vereinbarung der Lieferfrist. Feste Liefertermine werden leider selten vereinbart. In den meisten Kaufverträgen für Neuwagen ist nur eine unverbindliche Lieferfrist vereinbart. Die kann der Verkäufer bis zu sechs Wochen überschreiten. Planen Sie die zusätzlichen sechs Wochen also ggf. mit ein. Nach Ablauf dieser Sechs-Wochen-Frist müssen Sie zunächst eine weitere Frist zur Lieferung setzen. Auch diese Frist muss erfolglos verstreichen, bevor Sie gegenüber dem Verkäufer den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären können.
Ist ein verbindlicher Liefer- oder Übergabetermin vereinbart, müssen Sie keine weiteren sechs Wochen abwarten. Verstreicht der fest vereinbarte Liefertermin erfolglos, kommt der Verkäufer in Verzug. Sie können ihm sofort eine letzte Frist zur Lieferung setzen und vom Vertrag zurücktreten, wenn er auch dann nicht geliefert hat. Zwei Wochen sind meist angemessen. Nur ein sog. absolutes Fixgeschäft, bei dem Sie nach einem bestimmten Termin gar kein Interesse mehr an dem Fahrzeug haben, berechtigt zum direkten Rücktritt nach Ablauf des Termins. Bei Neuwagen ist dieser Fall aber kaum denkbar.
Wer zahlt den Leihwagen?
Als Folge des Rücktritts vom Kaufvertrag haben die Vertragsparteien erhaltene Leistungen zurückzugewähren: Sowohl Kaufpreis als auch Kaufsache werden zurückgegeben. Haben Sie Ihren Neuwagen also z. B. bereits angezahlt und treten Sie wirksam vom Neuwagenkauf zurück, bekommen Sie Ihre Anzahlung zurück.
Das allein ist aber nicht immer zufriedenstellend. Zwischen dem vereinbarten Liefertermin und der daraufhin erfolglos gesetzten Lieferfrist haben Sie möglicherweise einen Leihwagen gemietet. Die Kosten können Sie eventuell vom Verkäufer in Form von Schadensersatz ersetzt bekommen.