Beim Kauf eines Neuwagens können Sie das Fahrzeug nur selten sofort mitnehmen. Neue Modelle werden oft schon verkauft, bevor die Produktion abgeschlossen ist. Vertraglich wird dann entweder eine Lieferfrist, also z. B. ein Zeitraum von acht Wochen, oder ein Liefertermin, d. h. ein konkreter Zeitpunkt vereinbart. Neuwagenhändler sind an die pünktliche Lieferung der Hersteller gebunden. Um nicht Gefahr zu laufen, selbst in Lieferverzug zu geraten, vereinbaren die meisten Händler nur unverbindliche Liefertermine und -fristen. Wir erklären Ihnen, welche Rechte Sie haben, wenn Ihr Neuwagen nicht pünktlich geliefert wird.
Überblick: Rechte bei Lieferverzug
Grundsätzlich ist es so: Kommt der Händler mit seiner Leistung in Verzug, können Sie ihn mit einer Mahnung zur Lieferung innerhalb einer Nachfrist auffordern. Zwei Wochen gelten in der Regel als angemessene Frist. Liefert der Verkäufer den Neuwagen dann immer noch nicht, können Sie vom Kaufvertrag zurücktreten und eventuell Schadensersatz verlangen. Wenn Sie vom Vertrag nicht zurücktreten wollen, können Sie Ersatz für Verzugsschäden fordern.
Praxishinweis
Im Streitfall müssen Sie beweisen, dass Sie dem Verkäufer eine Frist zur Nachlieferung gesetzt haben. Schicken Sie die Mahnung daher am besten per Einschreiben mit Rückschein.
Zeitpunkt des Verzugs
Als Erstes stellt sich allerdings die Frage: Wann kommt der Händler eigentlich in Verzug? Das lässt sich leider nicht pauschal beantworten. Hier muss zwischen verbindlichen und unverbindlichen Lieferfristen unterschieden werden:
Verzug bei verbindlichem Liefertermin
Die wenigsten Händler werden Ihnen einen festen Liefertermin zusagen. Zu groß ist das Risiko, an dem versprochenen Datum nicht liefern zu können. Sollten Sie mit dem Verkäufer ausnahmsweise dennoch einen verbindlichen Liefertermin vereinbart haben, kommt er in Verzug, sobald er den Termin nicht einhalten konnte. Bei Überschreitung eines verbindlichen Liefertermins sollten Sie den Verkäufer umgehend zur Lieferung innerhalb einer Nachfrist auffordern.
Praxishinweis
Wenn Sie sich am darauffolgenden Tag einen Mietwagen nehmen müssen, können Sie die Kosten dafür eventuell bereits ersetzt verlangen.
Verzug bei unverbindlichem Liefertermin
Etwas komplizierter zu ermitteln ist der Zeitpunkt des Verzugs bei einem unverbindlichen Liefertermin bzw. einer unverbindlichen Lieferfrist. Unverbindlich heißt hier, dass der Verkäufer einen zusätzlichen Lieferspielraum von sechs Wochen hat. Erst dann, wenn die Lieferfrist plus sechs Wochen vergangen sind, können Sie den Händler zur Lieferung innerhalb einer Nachfrist auffordern. Durch Setzen der Nachfrist kommt der Verkäufer in Verzug. Schadensersatz können Sie bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht verlangen.
Praxishinweis
Beim Kauf eines Neuwagens unter Vereinbarung einer unverbindlichen Lieferfrist sollten Sie zum angegebenen Liefertermin vorsichtshalber sechs Wochen hinzurechnen.
Rücktritt vom Kaufvertrag
Sollten Sie sich zum Rücktritt vom Vertrag entscheiden und den Rücktritt gegenüber dem Verkäufer erklären, wird der Kaufvertrag rückabgewickelt. Das heißt, Sie erhalten Ihre Anzahlungen zurück.
Schadensersatz (Verzugsschaden)
Wenn Sie trotz Lieferverzug auf die Lieferung bestehen, können Sie Ersatz Ihres Verzugsschadens fordern. Gemeint ist damit nur der Schaden, der Ihnen durch die verspätete Lieferung entstanden ist. Eine typische Schadensersatzforderung kann die Geltendmachung der Kosten für einen Leihwagen sein. Ersetzt werden dabei allerdings nur die Aufwendungen, die nach dem Zeitpunkt des Verzugs entstanden sind.
Achtung! Per Gesetz wird vermutet, dass der Schuldner den Verzug verschuldet hat. Kann er allerdings beweisen, dass das Säumnis unverschuldet zustande gekommen ist, ist er nicht schadensersatzpflichtig.
Schadensersatz statt der Leistung
Wenn der Verkäufer auch nach Ihrer Mahnung und Fristsetzung nicht liefern konnte, können Sie auch Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Das heißt, Sie können den Schaden geltend machen, der Ihnen entstanden ist, weil der Verkäufer die Leistung letztlich nicht erbracht hat. Da Sie prinzipiell ein Interesse am Kauf eines bestimmten Neuwagens haben, müssen Sie das Automodell nun anderweitig erwerben. Die Mehrkosten, die Ihnen bei diesem „zweiten“ Kauf entstehen, können Sie als Schaden ersetzt verlangen.
Beispiel
Der Neuwagen beim ursprünglichen Verkäufer hat bei Vorbestellung 30.000 Euro gekostet. Da der Verkäufer trotz Mahnung nicht geliefert hat, haben Sie das Model bei einem anderen Händler erworben und mussten dort 34.000 Euro zahlen. Die Differenz von 4.000 Euro könnten Sie im Wege des „Schadensersatz statt der Leistung“ fordern.