Der Fall
Die Klägerin ist Verbraucher und lebt in Schleswig-Holstein. Sie kaufte bei einem Fahrzeughandel in Berlin – der Beklagten – einen gebrauchten PKW zu einem Kaufpreis von knapp 3.000 Euro. Einen Monat später zeigte sich ein Motordefekt an dem Fahrzeug. Dieser veranlasste die Klägerin mit dem Fahrzeughändler Kontakt aufzunehmen. Sie verlangte von dem Händler die Beseitigung des Mangels. Dieser bot seinerseits an, den Mangel in Berlin – nicht aber in Schleswig-Holstein – zu beheben. Hiermit war die Klägerin nicht einverstanden, da das Fahrzeug fahruntüchtig war. Sie war auch nicht bereit, das Fahrzeug auf ihre Kosten nach Berlin zu transportieren. Daher verlangte die Klägerin einen Vorschuss von knapp 300 Euro für den Transport nach Berlin. Alternativ bot sie an, dass die Beklagte das Fahrzeug selbst in Schleswig-Holstein abholen könne. Dies verweigerte der Händler. Nach Ablauf einer durch die Klägerin gesetzten Frist ließ sie den PKW selbst in Schleswig-Holstein instand setzen.
Die Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Händler einen Vorschuss von knapp 300 Euro für den Transport nach Berlin hätte zahlen müssen. Dies gelte auch dann, wenn noch nicht geklärt sei, ob der Mangel tatsächlich vorliegt. Wichtig sei aber für die Zahlung eines Vorschusses immer, dass ein Käufer (hier also die Klägerin) das Nacherfüllungsverlangen an dem richtigen Ort verlangt. Diesen bezeichnet man als Nacherfüllungsort – der Mängelbeseitigung. Der Nacherfüllungsort liegt nach ständiger Rechtsprechung aber grundsätzlich dort, wo die Nacherfüllung stattfinden soll und damit in den meisten Fällen bei dem Verkäufer.
Der Bundesgerichtshof ließ es hier aber ausreichen, dass die Klägerin und Käuferin sich bereiterklärte, den PKW aus Schleswig-Holstein gegen Zahlung eines Transportkostenvorschusses zum Nacherfüllungsort nach Berlin zu bringen – um eben dieser Pflicht nachzukommen. Die Käuferin musste demnach keinesfalls das Fahrzeug tatsächlich nach Berlin transportieren, um ihr Nacherfüllungsverlangen durchzusetzen; sondern „nur“ den Transport anbieten.
Weitere Hinweise
Der Fall zeigt auf, dass der Verbraucher möglichst unentgeltlich bei der Nacherfüllung zu stellen ist. Aus diesem Unentgeltlichkeitsgebot leitet der Bundesgerichtshof eine Vorschusspflicht in Bezug auf mögliche Transportkosten ab. Dabei konstruiert er den Anspruch auf Vorschusszahlung aus § 439 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Die Entscheidung verdeutlicht, dass dem gewerblichen Autoverkäufer ein Risiko mehr auferlegt wurde: Die Vorschusszahlung für Transportkosten bei Mängelgewährleistungsansprüchen, die auch schon bei behaupteten Mängeln eingreift!
Es bleibt daher abzuwarten, ob die gewerblichen Anbieter das Kostenrisiko bei dem Verkauf des Fahrzeugs einpreisen, sodass für den Verbraucher der gewonnene Vorteil wieder zur „Asche verfällt“.
Grundsatz der Entscheidung
Der Verbraucher kann nunmehr die Transportkosten, als Vorschuss, zur Durchsetzung seines Nacherfüllungsanspruches nach erfolgter Fristsetzung verlangen. Er sollte aber darauf achten, den Transport an den Nacherfüllungsort anzubieten. Eine Übertragung der Rechtsprechung ist grundsätzlich auf nahezu alle werthaltigen beweglichen Sachen, deren Transport einen hohen und kostenintensiven Aufwand erfordert, möglich.