Der Fall
Der Beklagte war seit Dezember 2009 als Speditionskaufmann bei der Klägerin, einer GmbH, beschäftigt. Gemäß dem ursprünglichen Arbeitsvertrag wurde er in einer Fünf-Tage-Woche, zu 45 Stunden und einem Gehalt von 1.400 Euro brutto, beschäftigt. Mitte 2012 wurde dem Beklagten eine Zusatzvereinbarung vorgelegt, welche dieser unterzeichnete. Die Zusatzvereinbarung enthielt eine Gehaltserhöhung, wonach der Beklagte (maximal) ein Gehalt von 2.800 Euro brutto, erhalten sollte. Darüber hinaus enthielt die Zusatzvereinbarung einen Absatz, der eine Verlängerung der Kündigungsfrist vorsah. Danach sollte die Kündigungsfrist für beide Seiten drei Jahre zum Monatsende betragen. Für den Fall der Nichteinhaltung der Kündigungsfrist sollte zusätzlich eine Vertragsstrafe greifen.
Hierzu heißt es auszugsweise aus der Zusatzvereinbarung:
„Die Parteien sind sich einig, dass im Hinblick auf die außerordentliche Gehaltserhöhung noch folgende Änderungen ihres Arbeitsvertrages vereinbart werden: Die gesetzliche Kündigungsfrist verlängert sich für beide Seiten auf drei Jahre zum Monatsende.“
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis unter dem 27.12.2014 zum 31.01.2015. Hierauf stellte die Klägerin den Beklagten unter Fortzahlung der Bezüge frei und erhob Klage gegen die Kündigung.
Die Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Kündigungsfrist von drei Jahren im konkreten Fall unwirksam ist. Dies ergebe sich daraus, dass die überlange Frist den Arbeitnehmer unangemessen benachteilige. Bei der Zusatzvereinbarung handele es sich nämlich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die stets einer inhaltlichen Überprüfung standhalten müsse. In der Verlängerung der Kündigungsfrist auf drei Jahre sieht das Bundesarbeitsgericht aber unter anderem eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit aus Artikel 12 Grundgesetz, die den Arbeitnehmer entgegen Treu und Glauben benachteilige.
Die Interessen des Arbeitnehmers würden in dem konkreten Fall überwiegen, da kein angemessener Ausgleich für die verlängerte Kündigungsfrist vorgesehen war. Die Gehaltserhöhung in der Zusatzvereinbarung biete für die überlange (dreijährige) Kündigungsfrist keine ausreichende Kompensation. Hierzu hatte das Landesarbeitsgericht in der Vorinstanz bereits ausgeführt, dass es bei Speditionskaufmännern nicht üblich sei, eine solch lange Frist zu vereinbaren. Das Interesse des Arbeitgebers, gutes Personal lange zu binden, könne nicht die Nachteile des Arbeitnehmers aufwiegen, die beispielsweise bei einer Eigenkündigung entstehen könnten. Dies könne beispielsweise das Risiko sein, welches bei der Bewerbung auf eine andere Arbeitsstelle eintreten würde, da sich der Arbeitnehmer bereits drei Jahre im Voraus bewerben müsse; im Übrigen drohe dann auch die Sperrzeit bei dem Arbeitslosengeld.
Weitere Hinweise
In die Abwägung lässt das Gericht auch § 15 Teilzeit- und Befristungsgesetz sowie § 622 Bürgerliches Gesetzbuch einfließen. Diese machen deutlich, dass es den Arbeitgebern grundsätzlich freisteht, eine längere Frist als die gesetzliche Frist zu vereinbaren. Einzuhalten ist aber stets der Gleichlauf zwischen den Fristen für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer. Die Angemessenheit der Kündigungsfrist klärt dann für den Einzelfall die Interessenabwägung. Kriterien können dabei die Art des Berufes, die Position, auf der der Arbeitnehmer eingesetzt wird oder die Kompensation die er für die längere Kündigungsfrist erhält, sein. Es bleibt daher abzuwarten, ab welcher Kompensation oder welcher Position im Unternehmen genau die Gerichte die „Reißleine“ ziehen und die Kündigungsfirst von drei Jahren als Ausgleich akzeptieren.
Grundsatz der Entscheidung
Im Grundsatz gilt aber: Bei einem Einkommen von maximal 2.800 Euro brutto ist eine Kündigungsfrist von drei Jahren unangemessen.
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