Der Fall
Der Kläger ist Radsporttrainer und war seit 1997 am Olympiastützpunkt Berlin bei dem Beklagten beschäftigt. Nach einem Trainingsbesuch am 14.12.2015 vermisste eine Sportlerin ihre Unterhose, die sie nicht mehr in der Umkleidekabine finden konnte. Dabei durchsuchte sie auch einen Reinigungswagen, der in der Kabine stand. In diesem Wagen entdeckte die Sportlerin eine eingeschaltete Digitalkamera, die zu dem Zeitpunkt eine Filmaufnahme anfertigte. Hierauf kam es zu einer Verständigung der Polizei, die sich das Videoband im Beisein der Sportlerin ansah. Diese erkannte zu Beginn der Aufnahme den Kläger, wie er die Kamera ausrichtete und durchs Bild lief. Mit dem Tatvorwurf wurde der Kläger konfrontiert, der diesen daraufhin einräumte und auch die Unterhose der Sportlerin aushändigte. Am gleichen Tag wurde die Wohnung des Klägers durchsucht und weitere 38 Aufnahmen aus dem Jahr 2015 von unterschiedlichen Sportlerinnen aufgefunden. Die Aufnahmen zeigen die zwischen 1998 und 1999 geborenen Sportlerinnen teilweise nackt.
Von den Vorfällen erfuhr der Beklagte erstmals durch Zeitungsberichte vom 16.12.2015. Hierauf stellte der Beklagte den Kläger von der Arbeit frei. Zwischen dem 23.12.2015 und dem 20.03.2017 versuchte der Beklagtenvertreter mehrfach Akteneinsicht für das laufende Strafverfahren zu erhalten. Diese wurde dem Beklagtenvertreter dann auch am 12.05.2017 gewährt, worauf dieser am 16.05.2017 Einsicht nahm. Mit Schreiben vom 22.05.2017 kündigte der Beklagte dem Kläger fristlos außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger am 27.05.2017 zu.
Die Entscheidung
Die Entscheidung thematisiert die außerordentliche Kündigung nach § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Im Kern geht es einerseits um die Begründung des wichtigen Grundes und andererseits um die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 BGB.
Hierzu stellt das Arbeitsgericht Berlin in seiner Entscheidung fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung fristlos sein Ende gefunden hat. Das Filmen der Sportlerinnen in der Umkleidekabine stelle einen erheblichen Pflichtenverstoß des Arbeitnehmers dar. Dieser greife einerseits und besonders schwerwiegend in die Intimsphäre der Sportlerinnen ein und beeinträchtige dadurch auch andererseits nachhaltig das Vertrauen gegenüber seinem Arbeitgeber. Durch das Verhalten des Trainers werde nicht nur das Training auf dem Olympiastützpunkt selbst, sondern auch der Ruf des Beklagten beeinträchtigt. Zwar spreche für den Kläger die lange Betriebszugehörigkeit, doch wiege die Pflichtverletzung so schwer, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sei. Dies äußere sich auch dadurch, dass der Kläger wiederholt Aufnahmen der Sportlerinnen angefertigt habe.
Weiterhin sei die außerordentliche Kündigung auch rechtzeitig, also fristgemäß im Sinne des § 626 Absatz 2 BGB erfolgt. Grundsätzlich komme es hierfür auf die Kenntnis des Beklagten an. Dieser könne sein Kündigungsrecht nicht verwirken, wenn er keine vollständige Kenntnis des Kündigungssachverhaltes habe. Hierzu sei es dem Beklagten auch möglich ein Strafverfahren abzuwarten. In diesem Falle müsse der Kündigungsberechtigte dann aber den Fortgang des Ermittlungsverfahrens abwarten. In dem konkreten Fall habe der Beklagte ausreichend Maßnahmen ergriffen und zwischen dem 23.12.2015 und dem 20.03.2017 mehrfach versucht, den Ermittlungsstand in Erfahrung zu bringen. Durch seinen Anwalt hat der Beklagte dann am 16.05.2017 Kenntnis von dem Ermittlungsstand erhalten. Hiernach habe der Beklagte innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Absatz 2 BGB fristgemäß gekündigt. Auf die Kenntnis aus den Zeitungsberichten (vom 16.12.2015) komme es dagegen nicht an, da diese nur Anhaltspunkte geliefert hätten.
Anmerkungen
Das Rechtsmittel in Form der Berufung ist in diesem Falle möglich.
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