Vorgeschichte
Der Fußballverein Hannover 96 hat seine Profifußballabteilung in eine GmbH & Co KGaA ausgegliedert. Der Komplementär der Kommanditgesellschaft (KG) ist die Hannover 96 Management GmbH. Diese gehört dem Verein im Zeitpunkt der Entscheidung zu 100 Prozent. Grund dieser Struktur ist, dass der Ligaverband (für die Bundesliga) grundsätzlich nur dann eine Spiellizenz vergibt, wenn der Fußballverein an einer Kapitalgesellschaft die Mehrheit der Anteile hält oder bei einer KG auf Aktien die Komplementärstellung (zu 100 %) einnimmt. Die KGaA genügt nach der Satzung des Ligaverbandes auch dann den Vorgaben, wenn sie auf andere Art sicherstellt, dass der Verein eine vergleichbare Stellung hat. Dabei muss die Stellung des Vereins dem eines mehrheitlich beteiligten Gesellschafters an der Kapitalgesellschaft gleichkommen. Diese Strukturen sind in § 8 Absatz 2 Satzung Ligaverband vorgeschrieben und bezeichnen die sogenannte „50+1 Regelung“. Die Satzung sieht aber auch Ausnahmen vor, die der Ligaverband gestatten kann, § 8, Absatz 2 am Ende, Satzung.
Der Fall
Ein solcher Ausnahmeantrag war geplant, um eine mehrheitliche Beteiligung von Herrn M. Kind an der Hannover 96 Management GmbH zu ermöglichen. Die Vereinssatzung sieht in § 15 Nummer 3a.) vor, dass über „alle ideellen, sportlichen, wirtschaftlichen und strategischen Belange“ der Vorstand entscheide (auch so vorgehoben durch den entscheidenden Senat).
Am 27.04.2017 wurde in der Mitgliederversammlung des Fußballvereins Hannover 96 eine Satzungsänderung, welche die Entscheidungsbefugnisse des Vorstands beschränkten sollte, abgelehnt. Dies hätte zur Folge gehabt, dass der Vorstand nicht mehr eigenmächtig über die oben aufgeführten Belange hätte entscheiden können. Im weiteren Gang der Mitgliederversammlung wurde dann ein anderer Antrag angenommen, der den Vorstand dazu befähigen sollte, nur unter bestimmten Bedingungen einen Ausnahmeantrag von der 50+1 Reglung zu stellen. Außerdem sollte Bedingung sein, dass der Ligaverband dem Vorhaben zustimmt. Am 14.06.2017 beschloss der Vorstand einstimmig, 51 Prozent der Anteile zu veräußern. Der Entscheidung über die Veräußerung stimmte der Aufsichtsrat am 31.07.2017 zu.
Gegen die geplante Veräußerung wendete sich nun der Antragssteller. Er ist Vereinsmitglied der Antragsgegnerin und gleichzeitig auch Aufsichtsratsmitglied. Er begehrt den Erlass einer Einstweiligen Verfügung, die es der Antragsgegnerin untersagt, den Antrag bei dem Ligaverband zu stellen beziehungsweise nur unter bestimmten Bedingungen zu stellen. Ziel des Antrages war es, die Veräußerung zu verhindern beziehungsweise nochmals vereinsintern zu diskutieren.
Die Entscheidung
Das OLG hat sich der Vorinstanz angeschlossen und den Antrag des Aufsichtsratsmitglieds zurückgewiesen. Es entschied, dass die Entscheidungskompetenz über die Veräußerung der Anteile – der Hannover 96 Management GmbH – allein bei dem Vorstand liege. Dies ergebe sich aus § 15 Nummer 3a.) der Vereinssatzung in Verbindung mit den §§ 32, 40 Bürgerliches Gesetzbuch. Da es sich bei der Veräußerung von Anteilen insbesondere um eine wirtschaftliche Entscheidung handele, falle die Entscheidungsbefugnis hierüber in den Kompetenzbereich des Vorstands und nicht in den der Mitgliederversammlung. Dies ergebe sich aus der Satzung selbst. Durch die Entscheidung über die Veräußerung habe der Vorstand auch nicht gegen seine Treuepflicht (ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleitung) gegenüber dem Verein verstoßen.
Die Entscheidungsbefugnis des Vorstands sei auch nicht durch die Mitgliederversammlung am 27.04.2017 beschränkt worden. Denn eine Beschränkung der Rechte des Vorstands wurde durch die Mitgliederversammlung ja gerade abgelehnt. Dass in der Mitgliederversammlung ein zusätzliches Zustimmungsrecht (unter bestimmten Voraussetzungen) vereinbart wurde, sei für den konkreten Antrag grundsätzlich nicht der Schwerpunkt.
Eine Änderung der Satzung für die Veräußerung der Anteile sei auch nicht erforderlich. Insbesondere höhle der Verkauf der Anteile den Vereinszweck nicht aus. Denn die Veräußerung tangiere den Vereinszweck selbst nicht. Zweck des Vereins bleibe unter anderem weiterhin der Wettkampfsport. Durch die Entscheidung über die Veräußerung habe der Vorstand auch nicht gegen seine Treuepflicht gegenüber dem Verein verstoßen.